Philosophieren #6: „Verlieren“
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In der Folge sechs von „Philosophieren“ im Kontrafunk, dem kulturellen Fundbüro unserer Zeit, widmen sich Matthias Burchardt und Alexander Christ dem Verlieren, und zwar im Sinne des Abhandenkommens. Was geschieht mit uns, wenn uns etwas oder jemand abhandenkommt? Wir sprechen über Verlustängste und den Wunsch nach Vollständigkeit. Und über die Gefahr, sich selbst zu verlieren. Mit welchen Strategien wirken Menschen dem Verlieren und dem Verlust entgegen? Helfen allein das Suchen und das Ersetzen, oder müssen wir mitunter unter Trauer aufgeben und loslassen, was unwiederbringlich verloren gegangen ist? Verluste spielen sich häufig im Kleinen ab, sie widerfahren uns aber auch in einem weiteren Kontext: in den vergangenen drei Jahren haben wir Elementares verloren, wichtige und unveräußerliche Grund- und Menschenrechte, und damit auch die Leichtigkeit der scheinbar nicht zu beeinträchtigenden individuellen Freiheit.
Wie ist damit umzugehen, besteht gerade hier eine Aussicht, Verlorenes wiederzuerlangen? Am Ende scheint eine Hoffnung auf: ein Verlust eröffnet immer auch neue, bisher besetzt scheinende oder unbekannte Räume. Darin liegt letztlich ein Trost für alles Verlorene.
Verlust ist eine wesentliche Eigenschaft des Lebens; wenn sie fehlt ist es kein Leben. Das Verlust-EMPFINDEN ist Folge einer Beziehung und steht in Relation zu ihr.
Das Verstörende an der Präsenz von Menschen in unserem Leben, die bereits verstorben sind, ist, das wir darin spüren, wie sehr wir Beziehungswesen sind: die (Art der) Beziehung IN UNS SELBST ist wesentlicher als das verlorene Gegenüber, das ich nie mehr in den Arm nehmen oder anschreien kann, das mir aber immer noch ein DU ist.
Verstörend, weil wir dabei in einer Weise Einsamkeit erfahren, vor der wir gern ganz schnell in die vermeintliche Sicherheit zu den materiellen Dingen flüchten.
Nur im letzten Lied lassen Sie einen der beiden Verluste „l/Laut“ werden, die einem Menschen jegliches Welt- und Selbstvertrauen nehmen können: den Verlust des Kindes (ihn habe ich nicht erlitten, sondern den anderen) und den Verlust des Geliebten, des amîs unde man, des Lebensmenschen, den er als seinen Tod und (in unserem Falle) ich auch als unseren in vergleichsweise jungen Jahren erlitt (und als er starb, war mein Vater bereits 10 Jahre tot; ich maße mir also eine vergleichende Einschätzung an).
Über beide ‚Verlustty pen‘ verlieren Sie kein Wort.
Stattdessen ergehen Sie sich, wenn Sie über den Verlust von „geliebten Menschen“ sprechen, in den handelsüblichen Aufhübschungspa rolen à la „Trost durch Beisichtragen“ und „Identitätsstärkung“.
Schade. Aber völlig normal bei Menschen, die bislang nur alters- sowie in den letzten 3 Jahren gesellschaftsen twicklungsgemäße Verluste erlitten.
Letztere sind mir übrigens ein größeres Grauen als der Tod meines Lebensmenschen, und nie hätte ich für möglich gehalten, dass es für mich ein größeres Grauen gibt.
Seither bin ich auf der Straße, auch für den menschenwürdigen Tod, den wir am Ende im Arm hielten.
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