Kontrafunk aktuell vom 31. Oktober 2024
Staatshilfe, Entlassungen oder Untergang – wie geht es weiter bei Volkswagen? Über den angeschlagenen Autoriesen sprechen wir mit dem Ökonomen Prof. Stefan Homburg. Nach den Wahlen in den Ostbundesländern werden Koalitionen gesucht. Die Ausgrenzung der AfD macht klare Mehrheiten schwierig. Dazu und zu der neuen Konstellation CDU/BSW begrüßen wir den Publizisten Dr. Klaus-Rüdiger Mai. Mit unserer Nordamerika-Korrespondentin Susanne Heger blicken wir auf den Wahlkampfendspurt um das Weiße Haus, und Martina Binnig kommentiert die erhöhten Gipfelaktivitäten der internationalen Politik.
Stefan Homburg: Volkswagen in der Krise
Susanne Heger: Wahlkampfendspurt um das Weiße Haus
Klaus-Rüdiger Mai: Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und BSW
Martina Binnig: Gipfeltreffen – Die globale Agenda der Konzerne und Investoren
Ein internationales Gipfeltreffen jagt gerade das andere. Vordergründig geht es dabei um verschiedene Themenfelder. Im Grunde läuft jedoch jeder Gipfel auf ein und dasselbe Ziel hinaus: Es sollen neue künstliche Märkte für Unternehmen und Investoren etabliert werden. Beim Zukunftsgipfel der Vereinten Nationen in New York Ende September wurde zum Beispiel beschlossen, die internationale Finanzarchitektur für den Kampf gegen den Klimawandel zu transformieren. Heißt im Klartext: Die Politik soll den Konzernen dabei helfen, angeblich klimaneutrale Technologien an den Mann zu bringen. Wofür herkömmliche Erfolgsmodelle wie etwa der Verbrennungsmotor oder Gasheizungen erst einmal vernichtet werden müssen. Außerdem wurde in New York ein globaler Digitalpakt vereinbart, durch den die Weltordnungspolitik im Sinne der Digitalgiganten umgestaltet werden soll. Sprich: Analoge Ausweisdokumente oder Bargeld sollen bald der Vergangenheit angehören.
In Berlin fand Mitte Oktober der Weltgesundheitsgipfel statt. Ein profitabler Marktplatz für Investoren der Pharmabranche. Insbesondere zugunsten der mRNA-Impfstoff-Industrie, versteht sich. Aber auch die Themen Gesundheit und Klimakrise wurden munter miteinander vermischt. Stiftungsgigant Bill Gates, der eigens nach Berlin gereist war, mahnte beispielsweise an, dass angesichts des Klimawandels höhere Investitionen auf dem Gebiet von Gesundheits- und Ernährungsinnovationen unabdinglich seien. Und der Weltgesundheitsorganisation wurden in Berlin Zusagen von insgesamt 700 Millionen US-Dollar gemacht. Bei der internationalen Hamburger Nachhaltigkeitskonferenz am 7. und 8. Oktober wurde dann in erster Linie über die „sozial-ökologische Transformation“ verhandelt. Eigentlicher Anlass der Konferenz war aber – wie auf der Konferenz-Webseite offen kommuniziert wird –, dass Versicherungen, Pensionsfonds und andere Großanleger über enorme Summen verfügen, die sie gerne gewinnbringend investieren wollen.
Dabei sollen auch Institutionen wie die Weltbankgruppe, der Internationale Währungsfonds, die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie die Welthandelsorganisation mit ins Boot geholt werden. Deren Spitzenvertreter statteten am 8. Oktober drum gleich noch einen persönlichen Besuch bei Bundeskanzler Scholz ab. Und wen wundert’s? Nicht zuletzt auf Initiative Deutschlands kann die Weltbank nämlich in den kommenden zehn Jahren mit bis zu 70 Milliarden US-Dollar zusätzlich etwa für den Einsatz gegen Klimawandel und Pandemien rechnen. Beim Digitalgipfel am 21. und 22. Oktober in Frankfurt schließlich sprach Bundeskanzler Scholz davon, dass er eine Allianz von Staat und Wirtschaft eingehen möchte. Wörtlich sagte er: „Ich will, dass Deutschland – Wirtschaft und Staat gemeinsam – noch mehr in Zukunftstechnologien investiert.“ Außerdem wies Scholz auf ein neues „Forschungsdatengesetz“ hin, durch das milliardenschwere Investitionen in die Pharma- und Biotech-Industrie am Standort Deutschland geleitet werden sollen.
Da trifft es sich gut, dass auch die EU-Kommission am 21. Oktober mitteilte, dass sie sich mit Risikokapitalgebern zusammenschließen will, um Investitionen etwa in künstliche Intelligenz und Biotechnologie zu tätigen. Zusätzlich stellt sie mehr als 380 Millionen Euro für neue Klimaprojekte bereit. Und nur zwei Tage später gab sie bekannt, dass sie fast 5 Milliarden Euro aus ihrem Innovationsfond in Projekte investieren will, deren Klimabilanz netto null beträgt. Das ist ein deutliches Signal an alle Investoren, die nun die Entwicklung klimaneutraler Technologien risikofrei unterstützen können, ohne dass eine tatsächliche Nachfrage danach besteht. Denn für die Finanzierung kommt letztlich die EU auf – genauer die EU-Bürger, die den fatalen planwirtschaftlichen Ansatz, der EU-Kommission ausbaden müssen. Und das nächste Stelldichein steht schon vor der Tür: die Weltklimakonferenz, die vom 11. bis 22. November in Aserbaidschans Hauptstadt Baku anberaumt ist. Dort soll nicht zuletzt der Ausstieg aus fossilen Energieträgern bekräftigt werden. Die entsprechenden Investoren werden sich freuen.